Mit Touristenmassen unterwegs

Salerno ist nicht nur ein idealer Ausgangsort, um die Amalfi-Küste oder Capri zu erkunden, es bietet neben einer netten Altstadt einen sehenswerten Dom mit einer eindrücklichen Krypta, sowie Bademöglichkeiten im Meer.

Es erweist sich als gute Idee, die Amalfi-Küste mit dem öffentlichen Verkehr zu bereisen. Vom voll besetzten Schiff aus, das uns nach Amalfi bringt, haben wir einen schönen Ausblick auf die Küste und die Ortschaften, die am Hang kleben. In Amalfi werden wir mit dem Touristenstrom durch die engen Gässchen geschoben, von einem Souvenir-Laden zum anderen, vorbei an Gelaterien und voll besetzten Restaurants, und selbst im Bus, der uns wieder nach Salerno zurück bringt, herrscht dichtes Gedränge.

Die Nerven des Busfahrers sind bewunderswert. Muss er den Bus nicht nur über die enge Strasse durch die engen Kurven manövrieren, sondern er muss sich auch noch mit dem mühsamen Gegenverkehr herumschlagen. Die Küstenstrasse ist schon eng genug für zwei PKWs, geschweige denn für zwei Busse, die kreuzen müssen, da bleibt manchmal nicht mehr als 20 cm Zwischenraum!

Beeindruckend schlängelt sich die Strasse den mit Zitronen, Reben, Wald bewachsenen schroffen Hang entlang, hoch über dem Meer.

Am Italienischen Nationalfeiertag verlassen wir mit der ersten Fähre Salerno, geniessen nochmals den Blick vom Schiff aus auf die Amalfi-Küste inklusiv Positano,

und lassen uns in Capri mit hunderten oder gar tausenden Touristen an Land schwemmen.

Auf der engen Strasse vom Hafen nach Capri-Stadt werden die Touristen in Bussen und Cabrio-Stretch-Limousinen hoch gefahren, da bilden wir exotischen Velofahrer immer mal wieder ein Verkehrshindernis.

Aber schon bald können wir unsere Velos im Hotel abstellen und uns mit dem Fussgängerstrom treiben lassen, von Edelboutique zu Edelrestaurant. Da treten doch bei mir beim Schaufensterbummel plötzlich Sehstörungen auf, vor allem bei Zahlen auf Preisschildern und Speisekarten habe ich Doppelbilder! 

Glücklicherweise legt sich diese Störung sofort wieder, sobald wir den Touristenrummelplatz verlassen und uns auf einen Rundgang zu verschiedenen Aussichtspunkten begeben, von denen aus wir lohnende und beeindruckende Blicke über die steile, schroffe Felsküste haben. Der totale Kontrast zu Capri-Stadt!

Gegen Abend wird es ruhiger auf Capri, wenn all die Tagestouristen wieder abgereist sind, und dann lässt es sich sogar gemütlich etwas essen.

Mit der Auswahl unseres Hotels haben wir wieder einmal mehr einen Glückstreffer gelandet. In einem bezaubernd schönen Garten mit Blick aufs Meer und den Vesuv (wenn es etwas klarer wäre) wird ein köstliches Frühstück mit verschiedenen frischen Früchten und selbst gebackenem Kuchen serviert.

Die blaue Grotte lassen wir uns natürlich auch nicht entgehen. Mit dem ersten Ausflugsschiff sind wir zwar schon beizeiten am Eingang, jedoch längstens nicht die ersten Besucher.

Nach einer Wartezeit von etwa 15 Minuten werden immer 4 Personen halb liegend in einem Ruderboot an einer Kette in die Grotte hinein gezogen, deren Eingang heute höchstens 1 Meter hoch ist

Und drinnen: unglaublich, unwirklich, irgendwie fast mystisch, da vergesse ich sogar den horrenden Abzocker-Eintrittspreis!

Im Ausflugsschiff umrunden wir anschliessend noch die ganze Insel, ein sehr lohnenswerter Ausflug, können wir doch die extrem steilen Felswände, die zahlreichen Grotten und Höhlen, natürlichen Brückenbogen und immer wieder das kristallklare Wasser mit fantastischen Färbungen bestaunen.

Nach dem Feiertag haben wohl alle Busfahrer ihren Freitag! Nach mehr als 30 Minuten Wartezeit geben wir die Idee auf, Anacapri zu besichtigen. So steigen wir die unzähligen Stufen und Windungen nach Capri hinauf, um noch die Giardini di Augusto zu besuchen. Spektakulär ist der Blick auf die Via Krupp, die wegen Steinschlaggefahr leider gesperrt ist.

Da unser Hotel ausgebucht und wir somit keine weitere Nacht mehr bleiben können, verlassen wir am späten Nachmittag das sehr gegensätzliche Capri und setzen mit der Fähre nach Sorrento, der Heimat des Limoncello, über.

Auf einem sehr engen, holprigen Kopfsteinpflastersträsschen radeln wir auch hier zwischen Bussen und Taxis vom Hafen in die auf einer Klippe liegenden Stadt hinauf.

In den engen, schattigen, verkehrsfreien Altstadtgässchen lässt es sich gemütlich schlendern, vielfältig sind die Auslagen, besonders an Zitronen und Limoncello. Neben einem neuen Pyjama erstehen wir fantastische Erdbeeren, die Besten, die wir je gegessen haben.

Mit dem morgendlichen Berufsverkehr und dem ersten Ausflugsverkehr mühen wir uns der Küstenstrasse, der einzigen Verbindungsstrasse am Golf von Neapel, entlang.

Vespas surren wie wild gewordene Wespen an uns vorbei, Ausflugsbusse und LKWs donnern an uns vorüber, es wir gehupt, was das Zeug hält und das alles bedeuten kann: Guten Morgen, schön, dich zu sehen, Vorsicht, ich komme, Weg da, ich halte nicht an....Da heisst es, einen kühlen Kopf bewahren, souverän den 10 cm tief liegenden Kanalisationsdeckeln ausweichen und seinen Platz im fliessenden Verkehr behaupten. Trotzdem können wir zwischendurch auch mal einen Blick auf die eindrückliche Steilküste werfen und mein Gehirn findet sogar noch Zeit, die intensiven Düfte von Feigen und üppig blühenden Oleanderbüschen zu registrieren.

Recht unansehnlich ist der Küstenabschnitt um Castellammare: Plattenbauten, Hafenanlagen, Schmutz, das wir jedoch alles hinter uns lassen, um uns ganz ehrfürchtig einem kulturellen Höhepunkt zu nähern: Pompei.

Bei 30° schlendern wir stundenlang durch die riesige Ausgrabungsanlage, bis uns ein Gewitter erlöst.

Mit einem der ersten Busse fahren wir am nächsten Tag auf sehr holprigen Strassen auf den Vesuv und spazieren mit all den anderen Touristen an den Kraterrand hinauf und an diesem ein Stück entlang. Trotz diesigem Wetter ist die Sicht auf den Golf von Neapel und ins Hinterland beeindruckend, mehr als 2 Millionen Menschen leben im Einflussgebiet des Vesuvs! Seit 1944 ist er still und ruhig, nur eine kleine Fumarole räuchelt.

Abgesehen vom Touristenrummel um die Ausgrabungsstätte herum ist Pompei ein nettes Städtchen mit einer überraschend schönen Wallfahrtskirche.

Der nächste Höhepunkt dieser Region ist natürlich ein Besuch Neapels. Mit dem etwas verlottert aber speditiv arbeitenden Zug fahren wir in die Stadt.

Sind im Allgemeinen Vorortssiedlungen entlang von Bahnstrecken ja selten sehr beschaulich, so fahren wir heute von einer schmuddeligen Siedlung zur nächsten. Der erste Eindruck von der Altstadt, übrigens auch UNESCO- Weltkulturerbe, weicht nicht gross vom bisher Gesehenen ab, ist jedoch auch sehr einseitig, da am heutigen Sonntag natürlich sehr viele Geschäfte geschlossen haben und somit die Rollläden drunten sind.

Ausnahmen:

In einer sehenswerten Privatkapelle mit Fotogragierverbot ist u.a. ein sehr filigran in Marmor gemeiselter, in sein Grabtuch gehüllter Jesus zu sehen.

Ein Blick in die Kirche San Giorgio Maggiore,

anschliessend statten wir dem Kloster Santa Chiara einen Besuch ab.

Rechtzeitig zur nächsten (italienischen) Führung erreichen wir Napoli Sotterranea, den "Untergrund" von Neapel. Auch wenn ich nicht viel verstehe ist der Gang durch die unterirdischen Gänge, Zysternen, Höhlen, ehemaligen Wohnungen...., die durch den Jahrtausende alten Tuffsteinabbau entstanden sind, sehr eindrücklich und lohnenswert.

Gerade, dass wir noch Zeit für Sfogliatelle, einer neapolitanischen Blätterteigspezialität, haben,

dann können wir noch einen zweiten Blick in den Dom werfen. Am Morgen, während des Gottesdienstes, als alle Lichter gebrannt haben, war er wesentlich eindrücklicher als jetzt im Dämmerlicht.

Heute stellen wir uns einer besonderen Herausforderung: von Pompei radeln wir an den Hafen von Napoli. Wie wir ja schon am Vortag mit dem Zug gesehen haben, geht eine Ortschaft in die andere über, d.h Stadtverkehr über 27 km.

Anfangs radelt es sich noch relativ angenehm im stockenden Verkehr, da rast wenigstens keiner knapp an uns vorbei. Irgendwann kommt der Verkehr zum Stillstand, es geht durch ein Nadelöhr, da sind einige Autofahrer wohl neidisch auf uns, wir kommen nämlich schneller voran.

Ein anderes Mal staut es sich, da der gesamte Verkehr auf einer Hauptstrasse hinter einem Leichenzug herschleichen muss. Sehr anstrengend zu fahren ist es auf dem Kopfsteinplattenbelag, der dem vom alten Pompei doch sehr ähnlich ist oder wenn wir zwischen den Tramschienen Zickzack fahren müssen.

Mit Nerven hart wie Kruppstahl meistern wir den neapolitanischen Verkehr und kommen sicher und wohlbehalten im Hafen an. Leider nimmt nicht jede Fähre Velos mit, so verweilen wir im Windschatten von AIDA, MSC & Co mehr als 3 Stunden im Hafen von Neapel, bis wir nach Prócida übersetzen können.

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Kommentare: 1
  • #1

    Marianne (Freitag, 12 Juni 2015 20:24)

    Wunderbar eindrückliche Bilder und amüsanter, informativer und dennoch persönlicher Text dazu. Schön können wir so Anteil haben an eurer Unternehmung. Herzlichen Dank!